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Fische reagieren auf Arzneimittelrückstände im Gewässer

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Stuttgart, den 08. 10. 2018

Auf dem Statuskolloquium Förderprogramm Wasserforschung Baden-Württemberg am 8. Oktober in Stuttgart präsentieren die Natur- und Sozialwissenschaftler von Effect-Net ihre Zwischenergebnisse.

Die Naturwissenschaftler untersuchen, ob sich Arzneimittel (Antidepressiva und Antidiabetika) sowie künstliche Süßstoffe nachteilig auf Fische und wirbellose Gewässerorganismen auswirken. Das Spektrum der Effekte reicht von molekularen Interaktionen bis hin zu Wirkungen auf den Gesamtorganismus.

Für das Antidiabetikum Metformin und die Antidepressiva Fluoxetin und Citalopram liegen bereits Ergebnisse vor: Obwohl Metformin in umweltrelevanten Konzentrationen auf molekularer Ebene kaum signifikante Wirkungen zeigt, verändert es in Langzeitexperimenten mit Fischen bereits in umweltrelevanten Konzentrationen den Zuckerhaushalt und die Zusammensetzung der Darmflora der Tiere. Fluoxetin und Citalopram lösen bei Fischen bzw. Fischembryonen bereits in geringsten umweltrelevanten Konzentrationen Verhaltensänderungen aus. Sie wirken sehr ähnlich wie beim Menschen.

Zum Nachweis der Substanzen selbst sowie deren Um- und Abbauprodukte in Oberflächenwasser, Abwasser und Organismen werden chemisch-analytische Methoden entwickelt und optimiert.

Bevölkerung befürchtet zunehmende Gewässerverschmutzung

Die Sozialwissenschaftler untersuchen zunächst, welches Wissen über diese Stoffe in Gesellschaft und Politik vorhanden ist. Eine repräsentative Umfrage ergab, dass die deutsche Bevölkerung die Wasserqualität an ihrem Wohnort überwiegend als gut bewertet. Kritisch gesehen wird die zukünftige Entwicklung.

Ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen gehen die meisten Befragten von einer zunehmenden Gewässerverunreinigung aus. Mehrheitlich wird die Verantwortung dafür der Landwirtschaft und Industrie zugeschrieben. Zumindest die Hälfte der Befragten bejaht aber eine Mitverantwortung privater Haushalte.

Fast alle Verbraucher wären grundsätzlich bereit, ihr Konsumverhalten umweltfreundlicher zu gestalten. So würden sie zu Nahrungsmittelzusätzen oder Arzneimitteln wechseln, welche weniger Bestandteile enthalten, die Kläranlagen nicht aus dem Abwasser herausfiltern können.

Vor die Wahl gestellt, ob staatliche Eingriffe gegen die Verunreinigung von Gewässern (bspw. Verbot von Produkten) oder finanzieller Instrumente (bspw. Verbrauchssteuer) umgesetzt werden sollten, bevorzugen Verbraucher nahezu vollständig rechtliche Vorgaben

Im Projekt Effect-Net (Effect Network in Water Research) arbeiten Natur- und Sozialwissenschaftler der Universitäten Heidelberg und Tübingen mit Kollegen des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) seit 2016 zusammen. Das Projekt wird vom Land Baden-Württemberg im Rahmen des Wassernetzwerkes gefördert.

Kontakt

Prof. Dr. Thomas Braunbeck
Aquatische Ökologie und Toxikologie
COS - Centre for Organismal Studies

University of Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 504
D-69120 Heidelberg

braunbeck@uni-hd.de
Tel.: +49-(0)62 21-54 56 68